Versöhnung nach 500 Jahren? Einladung zur Beteiligung

von Dr. Hans-Georg Link

Köln, 23.November 2020

An die regionalen und lokalen Arbeitsgemeinschaften Christlicher Kirchen in Deutschland 

Sehr geehrte Damen und Herren, liebe Schwestern und Brüder,

die Bundes-ACK hat das kommende und inzwischen auch das übernächste Jahr dankens-werterweise zum „Jahr der Ökumene 2021/2022“ proklamiert. Es beginnt im Januar 2021 mit der Gebetswoche für die Einheit der Christen. Die Vorlage dazu hat diesmal die schweizerische Kommunität Grandchamp geliefert, die sich in besonderer Weise dem Gebet, der Versöhnung und der Einheit der Christen verpflichtet weiß.

Dazu passt gut das Anliegen des Altenberger Ökumenischen Gesprächskreises, mit dem ich Sie hier bekannt machen möchte. Vor 500 Jahren haben sich die dramatischen Ereignisse zwischen der jungen reformatorischen Bewegung mit Martin Luther an ihrer Spitze und der katholischen Kirche mit Papst Leo X. als Oberhaupt zugespitzt: Bannandrohungsbulle im Sommer 1520 – Luther: Von der Freiheit eines Christenmenschen, an den Papst gerichtet am 6. September – Verbrennung seiner Schriften in Löwen und Lüttich, Köln und Mainz im Herbst – Wittenberger Replik am 10. Dezember – und schließlich die Exkommunikation Martin Luthers und „aller anderen,.. die diesem Martinus nachfolgen“ am 3. Januar 1521 mit persönlicher Unterschrift von Papst Leo X. Luther belegte ihn seitdem mit dem Verdikt: „Antichrist“, das in 4 reformatorische Bekenntnisschriften übernommen worden ist.

Diese gegenseitigen Verurteilungen stehen noch heute von beiden Seiten unwiderrufen und daher kirchentrennend zwischen unseren großen Kirchen und verhindern eine emotionale wie pastorale Gemeinschaft, nicht zuletzt in der Abendmahls- und Eucharistiefrage. Das ist vor 20 Jahren bei den Auseinandersetzungen über die  Gemeinsame Erklärung zur Rechtfertigungslehre und das Kirche-Sein – „sind nicht Kirchen im eigentlichen Sinn“ (Dominus Iesus 2000, Z.17) – noch einmal  deutlich ans Tageslicht getreten.

Aber dabei kann und darf es nicht bleiben! Nachdem wir vor 3 Jahren den Beginn der Reformation in guter ökumenischer Gemeinschaft als Christusfest gefeiert haben, geht es nun im Jahr 2020/21 darum, die gegenseitigen Verdammungen von damals offiziell außer Kraft zu setzen, damit endlich Kirchen- und Abendmahlsgemeinschaft möglich wird. Dazu hat der Altenberger Ökumenische Gesprächskreis bereits zu Pfingsten die „Altenberger Erklärung“ veröffentlicht, die sich nach 500 Jahren für die Außerkraftsetzung der Exkommunikation Luthers und aller seiner Anhänger sowie seiner und der reformatorischen Antichrist-Verurteilung des Papsttums einsetzt. Das kann letztlich nur durch den Vatikan und den Lutherischen Weltbund geschehen, an die wir uns mit unserer Erklärung in erster Linie richten.

Worum wir Sie, liebe Schwestern und Brüder, in diesem Zusammenhang bitten, sagt die „Altenberger Erklärung“ so:

„Wir laden alle Gemeinden ein, in einem ökumenischen Gottesdienst am oder um den 2. Sonntag nach Weihnachten, den 3. Januar 2021, die Freude über das Kommen Gottes in unsere Welt mit dem Vollzug des Versöhnens miteinander nach 500 Jahren zu verbinden. (Ein Entwurf dazu liegt vor.) Wir sind dankbar, wenn die örtlichen Arbeitsgemeinschaften Christlicher Kirchen (ACK) diese Einladung aufgreifen und sich für ihre Verwirklichung, etwa während der Gebetswoche für die Einheit der Christen (18.-25. Januar; Woche vor Pfingsten), zur Verfügung stellen, damit wir gemeinsam in versöhnter Verschiedenheit den Pilgerweg der Gerechtigkeit und des Friedens miteinander gehen können.“ (III,3)

Wenn das im Januar 2021 zu schwierig ist, bieten sich für diesen ökumenischen Versöhnungsgottesdienst auch der 2. Sonntag nach Ostern an, der 18. April, an dem Luther vor 500 Jahren den von ihm geforderten Widerruf auf dem Reichstag in Worms verweigert hat. Schließlich kann man auch an den 2. Pfingsttag am 24. Mai denken, an dem schon viele ökumenische Begegnungen stattfinden.

Bei der überfälligen Aufarbeitung dieser Verurteilungen handelt es sich ursprünglich um  evangelisch-katholische Auseinandersetzungen. Abgesehen davon, dass die evangelischen und katholischen Kirchen noch immer die große christliche  Mehrheit in unserem Land darstellen, handelt es sich bei der Aufarbeitung dieser gegenseitigen Verurteilungen um einen exemplarischen Vorgang, der je nach  Gelingen oder Misslingen seine entsprechenden Auswirkungen auf das gesamte ökumenische Klima in unserem Land haben wird. Kardinal Marx aus München äußerte kürzlich in einem Interview zusammen mit Bischof Bedford-Strohm: „In Deutschland haben wir durch unsere Kirchengeschichte eine ganz besondere Verantwortung für die Ökumene, der wir gerecht werden müssen, denn die Spaltung der Kirche ging von Deutschland aus.“

Ich lege Ihnen die neueste Veröffentlichung des Altenberger Ökumenischen Gesprächskreises vom Oktober bei: „In alle Ewigkeit verdammt? Zum Konflikt zwischen Luther und Papst nach 500 Jahren.“ Der Flyer titelt: Das Buch zum „Jahr der Ökumene 2021.“ Dort finden Sie u. a. die „Altenberger Erklärung“, Einführung und Erläuterungen dazu und den Entwurf der Liturgie: „Versöhnung nach 500 Jahren“. Wenn es gelingt,  im kommenden Jahr Versöhnung zwischen unseren Kirchen und in unseren Gemeinden konkret zu vollziehen, dann können wir, wie es die Bundes-ACK als Schwerpunkt angekündigt und die „Altenberger Erklärung“ formuliert hat, „gemeinsam in versöhnter Verschiedenheit den Pilgerweg der Gerechtigkeit und des Friedens miteinander gehen“.

Ich bin Ihnen dankbar, wenn Sie diesen Brief mit seinen Anlagen an andere AKC´s weiterleiten. Wir Altenberger laden Sie alle ein, diesen Weg der Versöhnung im Jahr 2021 zum gemeinsamen Zeugnis für Gerechtigkeit und Frieden glaubwürdig zu beschreiten.

In dieser Hoffnung grüßt Sie im Namen des Altenberger Ökumenischen Gesprächskreises

Ihr

Pfarrer Hans-Georg Link aus Köln