„Ein Glaube und eine eucharistische Gemeinschaft“

Erläuterungen zum Konzil und Bekenntnis von 325/381 und im Jahr 2025

Hans-Georg Link

Dem Andenken an Lukas Vischer, den Inspirator der Genfer Kommission für Glauben und Kirchenverfassung

I. Hinführung: Rückbesinnung auf den apostolischen Glauben

1. Das Ziel der ökumenischen Bewegung

Die Verfassung des Ökumenischen Rates der Kirchen benennt seit der Fünften Vollversammlung in Nairobi 1975 unter den Zielen der Gemeinschaft der Kirchen an erster Stelle, „einander zur sichtbaren Einheit in dem einen Glauben und der einen eucharistischen Gemeinschaft aufzurufen…“(1). Dazu hat die Plenarversammlung der Kommission für Glauben und Kirchenverfassung 1982 in Lima einerseits die Konvergenzerklärungen zu Taufe, Eucharistie und Amt verabschiedet und andererseits den Entwurf für ihr neues Projekt vorgelegt: „Auf dem Weg zu einem gemeinsamen Ausdruck des Apostolischen Glaubens heute“ (Kurzfassung: Apostolischer Glaube heute“). Er gliedert sich in 3 Teile: 1. Anerkennung, 2. Auslegung und 3. Bekennen des apostolischen Glaubens heute.(2)

2. Das Projekt zum Apostolischen Glauben heute

Um einen inhaltlichen Leitfaden für den Apostolischen Glauben zu gewinnen und nicht im Uferlosen zu versinken, hat man sich damals dazu entschlossen, mit dem Mittelteil der Auslegung (explication) zu beginnen und sie anhand des Bekenntnisses von Nizäa-Konstantinopel aus dem Jahr 381 vorzunehmen, da bekanntlich im Neuen Testament noch kein ausgeführtes Bekenntnis des christlichen Glaubens vorliegt. Die Kommission für Glauben und Kirchenverfassung hat sich daher in den achtziger Jahren hauptsächlich mit der historischen, biblischen und gegenwärtigen Auslegung (explication)des Bekenntnisses von 381 befasst und nach knapp 10 Jahren ihr Ergebnis veröffentlicht: „Gemeinsam den einen Glauben bekennen. Eine ökumenische Auslegung des apostolischen Glaubens, wie er im Glaubensbekenntnis von Nizäa-Konstantinopel (381) bekannt wird. (3) Dieses Thema hat im deutschsprachigen Bereich der Deutsche Ökumenische Studienausschuss (DÖSTA) in den neunziger Jahren aufgegriffen und dazu eine eigene weiterführende Auslegung erarbeitet: „Wir glauben – Wir bekennen – Wir erwarten. Eine Einführung in das Gespräch über das Ökumenische Glaubensbekenntnis von 381.(4). Wer sich also mit dem Inhalt des Bekenntnisses von 381 in ökumenischer Perspektive näher befassen will, kann zu diesen beiden vorliegenden Veröffentlichungen aus den neunziger Jahren greifen.

Die Kommission für Glauben und Kirchenverfassung hat sich auf ihrer 5. Weltkonferenz 1993 in Santiago de Compostela noch mit einigen zukunftsweisenden Aspekten der Studie zum Apostolischen Glauben befasst und zwar mit Koinonia, Apostolizität, Vielfalt und die Einheit fördernden Strukturen des Apostolischen Glaubens (5). Seitdem ist jedoch an diesen Aspekten in der Kommission 30 Jahre lang nicht weitergearbeitet worden, sodass die beiden anderen Teile des Projektes von 1982: 1. Anerkennung und 3. Bekennen des Apostolischen Glaubens nach wie vor auf ihre Ausarbeitung warten.

3. Die Anerkennung des ökumenischen Bekenntnisses von 325/381

Nun ist bereits in Karlsruhe 2022 während des letzten, 5. Plenums der 11. Vollversammlung  des Ökumenischen Rates zum Thema: „Das Band der christlichen Einheit und das gemeinsame Zeugnis der Kirchen“ unter der Stabführung des bayerischen Landesbischofs und neuen Moderators des Zentralausschusses Heinrich Bedford-Strohm zum krönenden Abschluss eine Einladung ergangen, sich auf das 1700-jährige Jubiläum des ersten christlichen Konzils und seines Bekenntnisses im Jahr 2025 zurückzubesinnen.(6) Die Kommission für Glauben und Kirchenverfassung greift jetzt das alte Thema wieder auf und wird dazu ihre 6. Weltkonferenz vom 28. August bis 3. September 2025 einberufen – der Ort steht noch nicht fest. Dann wird nach über 40 Jahren der erste  Teil des Projektes zum Apostolischen Glauben im Vordergrund stehen: die Anerkennung (recognition) des altkirchlichen ökumenischen Bekenntnisses von 325/381. Dazu gehört zunächst die Würdigung dieses Bekenntnisses als „einer der wenigen Fäden, mit denen die zerrissenen Fetzen des geteilten Rockes der Christenheit noch zusammengehalten werden“.(7) Ferner geht es um den ursprünglichen Wortlaut dieses Konzilsbekenntnisses, das von der westlichen Christenheit ohne Konzilsbeschluss in verschiedener Hinsicht geändert worden ist. Schließlich kommt es auf die liturgische Beheimaung des Bekenntnisses an, das von orthodoxen Kirchen ausschließlich verwendet wird, während es in den aus Reformation hervorgegangenen Kirchen fast unbekannt geblieben ist.

Die 1700-jährige Wiederkehr des ersten  Konzils der Christenheit vom 20. Mai bis zum 25. Juli 325 im Jahr 2025 bietet nun die Chance, in allen Kirchen sich auf diese konziliare Tradition der Christenheit zurückzubesinnen und insbesondere das erste und einzige gesamtchristliche Glaubensbekenntnis, dass wir bis zum heutigen Tage besitzen, wiederzuentdecken und sich wieder anzueignen. Damit die Verwirklichung dieser Perspektive eine realistische und realisierbare Chance erhält, unterbreiten wir Mitglieder des Altenberger Ökumenischen  Gesprächskreises zu  Pfingsten 2023 die folgenden Vorschläge für das Jahr 2025.

 
II. Vorschläge zur ökumenischen Gestaltung des Jahres 2025

1. Zum Glaubensbekenntnis von Nizäa-Konstantinopel 325/381

1.1 Rückkehr zu seinem ursprünglichen Wortlaut

Im Lauf der Jahrhunderte und der Verbreitung des ökumenischen Bekenntnisses von 325/381 in verschiedene Regionen der Erde ist es zu Veränderungen seines ursprünglichen Wortlautes gekommen. Wenn es zur verbindenden Grundlage zwischen den Kirchen wieder werden soll, ist es erforderlich, zu seinem ursprünglichen Wortlaut zurückzukehren. Das betrifft im deutschsprachigen Kulturraum 4 Korrekturen:

(1) Das Bekenntnis ist mit seinem ersten Wort im Plural formuliert: „Wir glauben“. Im Unterschied zum Apostolikum ist das bekennende Subjekt nicht der/die einzelne Getaufte – „Ich glaube“: Credo –, sondern die zum eucharistischen Gottesdienst versammelte Gemeinde: „ Wir glauben“: Credimus.

(2) Die Christusprädikation „Gott von Gott“ stammt aus dem Wortlaut des Nizänums von 325. Sie ist von Theodor von Mopsuestia 379 durch die Formulierung ersetzt worden: „wahrer Gott vom wahren Gott“, die dann in das Bekenntnis von 381 übernommen worden ist. Sie ist eine weiterführende Interpretation, die die Formel von 325 überflüssig gemacht hat.

(3) Die Ergänzung, die im Dritten Artikel den Ausgang des Heiligen Geistes  „aus dem Vater“  um die Formulierung „und dem Sohn“ – filioque – erweitert hat, stammt bekanntlich von den Theologen um Karl den Großen im 9. Jahrhundert. Sie wollte damit den Christusbezug stärken, hat aber faktisch zur Domestizierung des Geistes in der westkirchlichen Welt beigetragen.

(4) Das Nizänokonstantinopolitanum von 381 bekennt sich zur „einen, heiligen, katholischen und apostolischen Kirche“. Nach der Reformation ist in den neu entstandenen evangelischen Kirchen im deutschsprachigen Raum das Wort „katholisch“ durch andere Wendungen ersetzt worden: „christlich“, „allgemein“, „weltweit“, „universal“ u. a. Dadurch ist aus ersichtlichen konfessionalistischen Gründen die theologische Weite und Tiefe des Wortes „katholisch“  formalisiert, verallgemeinert und zugleich konfessionell verengt worden. Im ökumenischen Zeitalter ist es an der Zeit, zur Fülle der Katholizität von Geist und Kirche zurückzukehren, wie es der Haupttext der 4. Vollversammlung des Ökumenischen Rates der Kirchen in Uppsala bereits im Jahr 1968 getan hat: „Der Heilige Geist und die Katholizität der Kirche“.(8) In der angelsächsischen Welt ist es bei Anglikanern, Reformierten und Vereinigten Kirchen überhaupt kein Problem, „the one, holy, catholic and apostolic Church“ zu bekennen. –

Daher plädieren wir dafür, zum ursprünglichen Wortlaut des ökumenischen Bekenntnisses von 381 zurückzukehren. Wenn das bis zum Jubiläumsjahr 2025 gelingen soll, ist kein Tag länger zu verlieren, dass sich liturgische Ausschüsse, Kommissionen, Konferenzen, Synoden und Kirchenleitungen damit befassen und zu einem offiziell von allen Kirchen anerkannten deutschsprachigen Text des ursprünglichen Wortlauts von 381 kommen.

1.2 Wiederaneignung seines Inhalts

Ich habe  bereits im ersten  Teil darauf aufmerksam gemacht, dass seit den neunziger Jahren ökumenische Auslegungen des Bekenntnisses von Nizäa-Konstantinopel durch die Kommission für Glauben und Kirchenverfassung sowie den Deutschen Ökumenischen Studienausschuss (DÖSTA) vorliegen. Unser Altenberger Ökumenischer Gesprächskreis plant für das kommende Jahr 2024 eine weitere Veröffentlichung ebenfalls mit inhaltlichen Beiträgen zu diesem Bekenntnis.

Daher plädieren wir dafür, im Jahr 2025 zu ökumenischen Gesprächen auf Gemeindeebene, den grassroots, regelmäßig zusammenzukommen, die sich mit dem Inhalt der drei Glaubensartikel befassen. Dazu bieten sich in besonderer Weise die Gebetswoche für die Einheit der Christen (18.-25. Januar), die Woche vor oder nach Pfingsten, eine Bibelwoche oder ein ökumenisches Seminar an. Entscheidend ist, eine solche  ausführliche Gesprächsreihe rechtzeitig und in ökumenischer Kooperation zu planen.

1.3 Seine neue liturgische Beheimatung

In orthodoxen Liturgien wird das Bekenntnis von Nizäa-Konstantinopel grundsätzlich, regelmäßig und ausschließlich gesprochen bzw. gesungen. Im deutschsprachigen katholischen Bereich wird üblicherweise bei Messfeiern das Apostolische Glaubensbekenntnis verwendet, während im „Gotteslob“ an erster Stelle „das Große Glaubensbekenntnis“ von Nizäa-Konstantinopel empfohlen wird (Nr. 568). In evangelischen Gottesdiensten kommt, falls überhaupt, das „Nizänische Glaubensbekenntnis“ an den drei kirchlichen Hauptfesten nach dem Evangelium zur Sprache.

Wir plädieren dafür, das Bekenntnis von Nizäa-Konstantinopel in eucharistischen bzw. Abendmahls-Gottesdiensten aller Kirchen regelmäßig zu verwenden. Denn es ist im Unterschied zum Apostolikum ein doxologisches Bekenntnis, das den  dreieinigen Gott besingt und die Dimension des Einsseins in allen drei Artikeln zur Sprache bringt. Damit wird zugleich eine gottesdienstliche Brücke zwischen Ost- und Westkirche, zwischen orthodoxen, katholischen und reformatorischen Kirchen geschlagen.

In den Meßvertonungen der abendländischen Musik hat es die Credo-Vertonung – grundsätzlich das Nizänum, nie das Apostolikum – zu hoher Blüte gebracht. Es ist äußerst wünschenswert, auch für die sonntäglichen Gottesdienstfeiern eine gut singbare Fassung des Glaubensbekenntnisses wiederzugewinnen oder neu zu schaffen.

2. Zur konziliaren Tradition

2.1 Christliche Konzile

Das Christentum hat im 4. Jahrhundert das Konzil als originäre christliche Versammlungsform entwickelt, um Grundfragen des christlichen Glaubens zu beraten (conciliare) und einmütig zu beantworten. Es ist aus römischen Volksversammlungen hervorgegangen, aber weder mit ihnen noch mit heutigen Parlamenten identisch. Konzile sind ebenso wie Synoden Zusammenkünfte kirchlicher Repräsentanten zur Klärung von Glaubens- und kirchlichen Ordnungsfragen. Wir Mitglieder des Altenberger Ökumenischen Gesprächskreises plädieren dafür, sich auf diese ursprüngliche christliche Form der Zusammenkunft in allen Kirchen zurückzubesinnen und sie auf lokaler, regionaler und internationaler Ebene zu praktizieren.

2.2 21 offizielle Konzilsversammlungen

Die ersten  3 Konzile von Nizäa 325, Konstantinopel 381 und Ephesus 431 werden heute von allen christlichen Kirchen anerkannt. Die östlich-orthodoxen und andere Kirchen anerkennen weitere 4 Konzile: Chalcedon 451, Konstantinopel II 553, Konstantinopel III (Trullanum I) 680/81 und Nizäa II 787. Die folgenden Konzile Nr. 8-21 werden nur von der römisch–katholischen Kirche als solche gezählt und anerkannt, bei denen es sich faktisch um westkirchliche Generalsynoden unter päpstlichem Vorsitz handelt. Unter ihnen haben das 4. Laterankonzil von 1215 mit der Einführung der Transsubstantiationslehre, das Konzil von Konstanz (1414-1418) mit der Oberhoheit des Konzils über den Papst, das Konzil von Trient (1545-1563) mit Dekreten zu reformatorischen Themen wie Rechtfertigung, Sakramente, Schrift und Tradition sowie die beiden vatikanischen Konzile von 1869/70 zu Primat und Unfehlbarkeit des Papstes und  von 1962-1965 mit der erstmaligen dogmatischen Konstitution über die Kirche und dem Ökumenismus-Dekret auch für andere Kirchen besondere Bedeutung erlangt.

Wir plädieren dafür, sich in allen Kirchen vor allem auf die ersten 4 altkirchlichen Konzile zurückzubesinnen, denen die Christenheit die Ausbildung und Ausformulierung des bis heute einzigen gesamtchristlichen Glaubensbekenntnisses von-Nizäa- Konstantinopel verdankt. Wir erinnern an das Monitum der 4. Vollversammlung des Ökumenischen Rates der Kirchen von Uppsala 1968: „Die Mitgliedskirchen des Ökumenischen Rates der Kirchen, die einander verpflichtet sind, sollten auf die Zeit hinarbeiten, wenn ein wirklich universales Konzil wieder für alle Christen sprechen und den Weg in die Zukunft weisen kann.  (9)

2.3 Ökumenische 1700-Jahrfeier am 19. Juni 2025

Die erste  Fassung des christlichen Glaubensbekenntnisses ist während des ersten  Konzils am 19. Juni 325 fast einstimmig mit zwei Abweichlern verabschiedet worden und als „Glaube der 318 Väter“ in die Kirchengeschichte eingegangen. Wir plädieren dafür, die 1700-jährige Wiederkehr dieses Ereignisses am 19. Juni 2025 von allen Kirchen mit einem ökumenischen Gottesdienst in konziliarer Gemeinschaft feierlich zu begehen. Das wird dann der  erste Schritt auf dem Weg zu einem künftigen gesamtkirchlichen, wahrhaft ökumenischen Konzil sein.

3. Zum Gedenkjahr 2025

3.1 Ökumenische Jahresgestaltung

Nach den Jahren 2021/22, die von der Bundes-ACK als „Jahr der Ökumene“  ausgerufen worden sind, bietet sich das Jahr 2025 an,  als „Jahr mit dem Bekenntnis“ erneut in ökumenischer Gemeinschaft gestaltet zu werden, wie das Jahr 2003 als „Jahr mit der Bibel“ gestaltet worden ist. In der Mitte der Jahresgestaltung 2025 steht das Bekenntnis von Nizäa-Konstantinopel. Dazu schlägt die Kommission für Glauben und Kirchenverfassung  3 Schwerpunkte vor: 1. die Gebetswoche für die Einheit der Christen im Januar oder zu Pfingsten, 2. die gemeinsame Feier des Osterfestes am selben Datum zusammen mit den orthodoxen Kirchen sowie 3. das kreative Gedenken an das erste Konzil vor 1700 Jahren vom 20. Mai bis 25. Juli 325.

3.2 Vorgesehene Veranstaltungen

Schon jetzt zeichnen sich Veranstaltungen im Jahr 2025 ab, die der ökumenischen Gemeinschaft gewidmet sind:

30.April bis 4. Mai: 39. Deutscher Evangelischer Kirchentag in Hannover;                                                                                                                                                                                                                                                                             19.Juni: Gedenkfeier zur Verabschiedung des ersten christlichen Glaubensbekenntnisses auf dem ersten Konzil  vor 1700 Jahren;                                                                                                                                                        28. August bis 3. September: 6. Weltkonferenz für Glauben und Kirchenverfassung.

Wir schlagen vor, sich entweder an diesen Veranstaltungen zu beteiligen oder sie auf örtlicher Ebene aufzugreifen mit eigenen ökumenischen Akzenten.

 

3.3 Weitere ökumenische Ereignisse

Im Jahr 2025 gibt es 3 weitere ökumenische Ereignisse zu bedenken. Ende Januar 1525 fand in Zürich die erste Glaubenstaufe eines Erwachsenen aus der Täuferbewegung statt. Unter dem Motto: „Gewagt! 500 Jahre Täuferbewegung“ werden dazu im Jahr 2025 eine Reihe von Gedenkveranstaltungen stattfinden, die von der Mennonitischen Weltkonferenz und dem Baptistischen Weltbund verantwortet werden. Nachdem am 22. Juli 2010 im Rahmen der 11. Vollversammlung des Lutherischen Weltbundes in Stuttgart eine bewegende Versöhnungsfeier zwischen Lutheranern und Mennoniten stattgefunden hat, bietet sich das Jahr 2025 für eine umfassende Versöhnung zwischen reformatorischen und Täuferkirchen an. Wenn sie zustande kommen soll, muss die gegenseitige Heilung der Erinnerungen von beiden Seiten zügig in Angriff genommen werden. In Deutschland stehen hier die  beteiligten Kirchen und die Bundes-ACK in der Verantwortung.

Für die aus der Reformation hervorgegangenen Kirchen steht 2025 die Aufarbeitung des Bauernkrieges von 1525 im Vordergrund, der mit der Schlacht von Frankenhausen am 15. Mai seinen grausamen Tiefpunkt erreichte. Es geht darum, das damalige Auseinanderbrechen von reformatorischer und  sozialkritischer Bauernbewegung, das zu einer verhängnisvollen Trennung von Kirche und sozialen Bewegungen insgesamt geführt hat, heute in eine positiv-kreative Beziehung innerhalb der reformatorischen Kirchen sowie zwischen Kirchen und sozialen Bewegungen zu überführen. Es ist an der Zeit, dass die Kirchen sich von der Nachhut gesellschaftlicher Entwicklungen zur Vorhut humaner Gesellschaften auf den Weg machen.

Schließlich ist daran zu erinnern, dass die internationale Bewegung für Praktisches Christentum, die vom schwedischen Erzbischof Nathan Söderblom ins Leben gerufen worden ist, mit der weltweiten Konferenz für  Life and Work vom 19. bis 30. August 1925 einen ersten  Höhepunkt erreichte. Nach 100 Jahren kommt es 2025 darauf an, die beiden Säulen der ökumenischen Bewegung: Praktisches Christentum – „Lehre trennt-Dienst vereint“ – sowie Glauben und Kirchenverfassung – „Taufe, Eucharistie und Amt“ – so miteinander zu verzahnen, dass die eine die andere beflügelt, statt sich zu ignorieren oder gar zu behindern. Hier ist eine Versöhnung innerhalb der ökumenischen Bewegung angesagt, wie sie bereits während der 11. Vollversammlung des Ökumenischen Rates der Kirchen in Karlsruhe 2022 versucht worden ist.

Die  römisch-katholische Kirche wird das Jahr 2025 als „Heiliges Jahr“ unter der Überschrift begehen: „Pilger der Hoffnung“. Vielleicht kann dieses Motto das Thema werden, unter dem sich die verschiedenen Ereignisse im Jahr 2025 zusammenführen lassen und die daran teilnehmenden „Pilger der Hoffnung“ am 19. Juni mit dem Bekenntnis von Nizäa-Konstantinopel zu einem großen christlichen Zeugnis zusammenfinden.

 

III. EinGlaubeundeinökumenischesBekenntnis:
Zentralveranstaltung am 19. Juni 2025

Damit die verschiedenen ökumenischen Erinnerungen, Ereignisse und Zusammenkünfte im Jahr 2025 einen bündelnden Mittelpunkt erhalten, schlagen wir Mitglieder des Altenberger Ökumenischen Gesprächskreises einen Tag des ökumenischen Bekenntnisses am 19. Juni vor. Er sollte die ökumenische Zentralveranstaltung im Jahr 2025 werden, die verdeutlicht, dass alle Christen das erste Glaubensbekenntnis von Nizäa-Konstantinopel verbindet und sie zum gemeinsamen Zeugnis inspiriert. Sein Thema: „Ein Glaube und ein ökumenisches Bekenntnis.“

1. Ort

Wo könnte dieser Tag stattfinden? Es sollte ein ökumenisch ausgewiesener Ort in Deutschland sein. Für Bonn spricht die griechisch-orthodoxe Metropolie, die dort seit Jahrzehnten beheimatet ist. In Freiburg ist das Zentrum der badischen Erzdiözese, die mit der evangelischen Kirche in Baden die letzte Vollversammlung des Ökumenischen Rates der Kirchen in Karlsruhe vorbereitet hat. In München gibt es als einzigem  Ort in Deutschland drei theologische Fakultäten: eine evangelische, eine katholische und eine orthodoxe. Außerdem hat dort 2010 der 2. Ökumenische Kirchentag stattgefunden. Berlin hat mit dem 1. Ökumenischen Kirchentag Maßstäbe gesetzt und beherbergt mit der Hedwigs-Kathedrale und dem Berliner Dom zwei Zentren der evangelischen und katholischen Kirche. In Erfurt und Magdeburg gibt es gute ökumenische Beziehungen. Im Magdeburger Dom ist am 29. April 2007 die Tauferklärung der Arbeitsgemeinschaft Christlicher Kirchen unterzeichnet worden. Auch die Michaeliskirche in Hildesheim kommt infrage, wo am 11. März 2017 ein beeindruckender Versöhnungsgottesdienstes zwischen evangelischer und-katholische Kirche unter der Leitung von Landesbischof und damaligem Ratsvorsitzenden der EKD, Heinrich Bedford-Strohm, und dem Münchener Kardinal und damaligen Vorsitzenden der Deutschen Bischofskonferenz, Reinhard Marx, stattgefunden hat.

2. Gestaltung

Damit man eine Vorstellung gewinnt, wie dieser Tag des ökumenischen Bekenntnisses gestaltet werden könnte, kommt hier ein Vorschlag, der zur Weiterentwicklung anregt:

Man trifft sich ab 9:00 Uhr zum Aufwärmen bei Kaffee und Tee. Um 10:00 Uhr wird der Tag mit einer ökumenischen Andacht eröffnet. Der weitere Vormittag wird mit 3 Vorträgen aus konfessioneller Sicht zum Thema: „Ein Glaube und ein Bekenntnis“ gestaltet. Der erste  könnte für die evangelische Seite vom Moderator des Genfer Zentralausschusses, Bischof Professor Dr. Heinrich Bedford-Strohm gehalten werden. Für die katholische Perspektive ist der tschechische Theologe und Philosoph Tomas Halik aus Prag eine gute Adresse. Als orthodoxer Referent kommt der gegenwärtige Vorsitzende der Bundes-ACK, Erzpriester Constantin Miron aus Brühl, in Frage.

Nach dem Mittagessen beginnt am frühen Nachmittag  der 2. Teil der  Gruppengespräche mit spezifischen Themen:

  1. Orthodox: die heutige Rolle des ökumenischen Bekenntnisses von Nizäa-Konstantinopel
  2. Römisch-katholisch: Die ökumenische Dimension des Heiligen Jahres
  3. Evangelisch: Lehren aus der Katastrophe des Bauernkriegs 1525
  4. Freikirchlich: Zur Geschichte der Täuferbewegung
  5. Ökumenisch: Praktisches Christentum (Life and Work) heute.

3. Ökumenischer Gottesdienst

Um 18:00 Uhr wird nach einer Kaffeepause in einer Kathedrale oder unter freiem Himmel als krönender Abschluss ein ökumenischer Gottesdienst gefeiert, an dem alle ACK-Kirchen beteiligt sind. Sein Thema: „Ein Glaube und ein ökumenisches Bekenntnis“.  Zu seinen wesentlichen Elementen zählen: eine  Botschaft bzw. Erklärung, die vorher erarbeitet sein muss; das erstmalige gemeinsame Sprechen oder besser: Singen des ökumenischen Glaubensbekenntnisses von 381 mit seinem ursprünglichen Wortlaut  in alter oder neuer musikalischer Fassung; ein ausführlicher Friedensgruß, der seinen Namen verdient; eine ökumenische Zeichenhandlung als Signal des Aufbruchs: eine gegenseitige Fuß- oder Handwaschung. Zum Abschluss ist eine Agapefeier angebracht.

Dass der ganze Tag von Musik begleitet und getragen wird, die ihn in ein Fest des Glaubens verwandelt, versteht sich von selbst. –

Wir Mitglieder des Altenberger Ökumenischen Gesprächskreises plädieren dafür, sich baldmöglichst auf einen solchen Tag des ökumenischen Bekenntnisses  mit  der Deutschen Bischofskonferenz  und der EKD sowie der Bundes-ACK zu verständigen. Er soll die zahlreichen Ereignisse und Veranstaltungen im Jahr 2025 bündeln, auf den Punkt bringen und eine neue ökumenische Perspektive vermitteln. Es wird Zeit, dass sich die Christen in Deutschland im Jahr 2025 zusammenfinden und zu ihrem einen Glauben bekennen, damit sie im Jahr 2030 zu einer eucharistischen Gemeinschaft werden können.

 

Anhang:   Ein Ökumenischer Rat der Kirchen in Deutschland (ÖRKiD)

Damit die hier unterbreiteten Vorschläge zum ökumenischen Glaubensbekenntnis von 325/381 und zum Jahr 2025 nicht auf halbem Weg stecken bleiben oder ganz in der Versenkung verschwinden, bedarf es eines Gremiums, das sich dieser Verantwortung stellt und die Vorschläge zur Realität werden läßt. Daher schlagen wir Mitglieder des Altenberger Ökumenischen Gesprächskreises vor, als neuen umfassenden ökumenischen Verantwortungsträger für Deutschland einen Ökumenischen Rat der Kirchen in Deutschland (ÖRKiD) baldmöglichst ins Leben zu rufen.

Zu ihm sollen gehören:

der Vorsitzende der Orthodoxen Bischofskonferenz (z. Z. Metropolit Augustinos)

der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz (z. Z. Bischof Bätzing)

der/die Vorsitzende des Rates der EKD (z. Z. Präses Annette Kurschus)

der/die Vorsitzende des Zentralkomitees der deutschen Katholiken (z. Z. Frau Irme Stetter-Karp)

die Generalsekretärin der Deutschen Evangelischen Kirchentages (z.Z. Frau Dr.  Kerstin Jahn)

der/die Vorsitzende der EKD-Synode (z. Z. Frau Anna-Nicole Heinrich)

der Leitende Bischof der Vereinigten Evangelisch-lutherischen Kirche Deutschlands (VELKD, z. Z. Bischof Meister)

der Vorsitzende der Union der Evangelischen Kirchen in Deutschland (UEK, zZ. Bischof Jung)

der Vorsitzende der Ökumene-Kommission der Deutschen Bischofskonferenz (z. Z. Bischof Feige)

der Vorsitzende der Bundes-ACK (z. Z. Erzpriester Miron)

der Präsident der Vereinigung Evangelischer Freikirchen (VEF, z. Z. Mark Brunner, Gemeinde Gottes in Deutschland)

der Generalsekretär der Deutschen Evangelischen Allianz (z. Z. Dr. Reinhard Schink)

der Vorsitzende der Ökumenischen Arbeitsgemeinschaft für Bibellesen (ÖAB, z. Z. Wolfgang Baur)

die Vorstandsvorsitzende des Verbandes Evangelischer Diakonen-, Diakoninnen- und Diakonatsgemeinschaften in Deutschland (z. Z. Diakonin Heike  Gatzke).u.a.m.

Im Vorsitz dieses Ökumenischen Rates der Kirchen in Deutschland (ÖRKiD) können sich die Leiter der orthodoxen, römisch-katholischen und evangelischen Kirche in Deutschland abwechseln oder ihn gemeinsam ausüben. –

Unser Land der Reformation und der  Kirchenspaltung hat eine historische Bringschuld, Entscheidendes zur Überwindung der Kirchentrennung und zur neuen Gemeinschaft zwischen den Kirchen beizutragen. Inzwischen gibt es hierzulande erfreulich zahlreiche ökumenische Gremien und Initiativen – bis hin zur Unüberschaubarkeit. Die 11. Vollversammlung des Ökumenischen Rates der Kirchen hat im September 2022 in Karlsruhe deutlich werden lassen, dass einzelne Kirchen wie etwa die EKD allein nicht in der Lage sind, einen wegweisenden ökumenischen Impuls für unser Land zu setzen. Es war ein großes Versäumnis, die orthodoxe und römisch-katholische Kirche nicht gleichermaßen ins ökumenische Boot geholt zu haben. Daher hat die Versammlung von Karlsruhe nicht die von ihr erwartete Wirkung gezeitigt. Eine der Lehren von Karlsruhe besteht darin, dass die Ortskirchen in einem Land stärker zusammenwirken müssen, wenn sie national und international einen wegweisenden ökumenischen Impuls setzen wollen.

Daher reicht die ACK-Basis nicht aus, um sichtbare  ökumenische Akzente zu setzen. Es bedarf einer stärkeren kirchlichen Struktur, an der mehr Kirchen und ökumenische Vereinigungen beteiligt sind, die mit dem Ökumenischen Rat der Kirchen in Deutschland (ÖRKiD) geschaffen werden soll. Damit soll zugleich verhindert werden, dass die Kirchen in Selbstbeschäftigung zurückfallen und stattdessen  75 Jahre nach Gründung der ACK in Deutschland am 10. März 1948 und des Ökumenischen Rates der Kirchen am 23. August 1948 in Amsterdam jetzt in den zwanziger Jahren neue, wegweisende  ökumenische Schritte miteinander gehen. Entweder schaffen es die Kirchen in Deutschland, nach der Enttäuschung von Karlsruhe glaubwürdige Schritte miteinander zu entwickeln oder sie werden wieder weiter auseinanderfallen. Die Gründung eines Ökumenischen Rates der Kirchen in Deutschland (ÖRKiD) ist jetzt das Gebot der Stunde, um ein „Jahr mit dem Bekenntnis“ 2025 zustande zu bringen und auf erneute Kirchengemeinschaft im Jahr 2030 zuzugehen – mit dem Höhepunkt am 25. Juni in Augsburg und Altenberg.      

 

Anmerkungen:

  1. In: Bericht aus Lausanne 2013, S. 577, III.
  2. In: Lima 1982, BÖR 45, S. 64 ff.
  3. 1991,146 S.; Englisch: Confessing the One Faith.
  4. 1997,104 S.
  5. In: Santiago de Compostela, BÖR 67,1994, S. 226 ff.
  6. Dazu ist in Karlsruhe ein vierseitiges farbiges Faltblatt veröffentlicht worden: Nicea 2025. Living the apostolic faith together today.
  7. J. N. D. Kelly, Altchristliche Glaubensbekenntnisse, 1972, S. 294.
  8. In: Bericht aus Uppsala 1968, S. 3 ff.

9.AaO. S. 14.