2025 – Jahr mit dem Bekenntnis!

Ein Plädoyer aus Altenberg zu Pfingsten 2023

I. Wiederentdeckung nach 1700 Jahren

1. Das ökumenische Bekenntnis von Nizäa-Konstantinopel 325/381

Im Sommer des Jahres 325 versammelten sich auf Initiative von Kaiser Konstantin 318 Repräsentanten der damaligen Christen in Nizäa – dem heutigen Iznik in der Türkei – zu einer gesamtchristlichen Zusammenkunft: dem ersten Konzil der Christenheit. Dort fassten sie am 19. Juni den wichtigsten Beschluss: die bis auf zwei  Ausnahmen einstimmige  Verabschiedung des ersten christlichen Glaubensbekenntnisses. Es wurde auf dem 2. Ökumenischen Konzil 381 in Konstantinopel vor allem um die Aussagen im  Dritten  Glaubensartikel ergänzt. Wir verwenden diese Fassung des Ökumenischen Bekenntnisses von Nizäa-Konstantinopel aus dem Jahr 381 und nennen es einfach „Nizänum“. Dieses  von fast allen Kirchen anerkannte christliche Glaubensbekenntnis ist es wert, nach rund 1700 Jahren wiederentdeckt zu werden. Es ist, wie es J. N. D. Kelly formuliert hat, „einer der wenigen Fäden, mit denen die zerrissenen Fetzen des geteilten Rockes der Christenheit noch zusammengehalten werden“.

2. Der gemeinsame Glaube der Christenheit heute

Dieses Bekenntnis bietet die Chance, auf die gemeinsamen Grundlagen der Christenheit zurückzugehen und sie sich miteinander erneut zu eigen zu machen. Sie umfassen  die Fragen nach Sein und Wesen Gottes,  nach der Relevanz des Messias Jesus von Nazareth, nach der Bedeutung des Heiligen Geistes in den   Kirchen und schließlich über  die Zukunft der Welt. Auf dieser Basis ist es heute an der Zeit, nach ethischen, politischen und ökologischen Themen sich auf das ökumenische Kerngeschäft zu konzentrieren und so dem gemeinsamen Glauben der Christenheit Geltung zu verschaffen. Er steht ganz oben in der „Hierarchie der Wahrheiten“.  So benennt es auch die Verfassung des Ökumenischen Rates der Kirchen an erster Stelle, „einander zur sichtbaren Einheit in dem einen Glauben und der einen eucharistischen Gemeinschaft aufzurufen“. Der Altenberger Ökumenische Gesprächskreis wird im kommenden Frühjahr 2024 ein Buch mit inhaltlichen Beiträgen zum Nizänum vorlegen.

II. Vorschläge zur Gestaltung des Jahres 2025

Das 1700-jährige Jubiläum des Nizänums bietet die Chance, das Jahr 2025 entsprechend ökumenisch zu gestalten. Dazu unterbreiten wir als Altenberger Ökumenischer Gesprächskreis folgende       vier Vorschläge:

1. „2025 – Jahr mit dem Bekenntnis“

Da das Nizänum von fast allen Kirchen anerkannt wird, empfehlen wir, das Jahr 2025 in ökumenischer Gemeinschaft zum „Jahr mit dem Bekenntnis“ zu erklären. Innerhalb des Jahres 2025 können dann zu verschiedenen Zeiten inhaltliche Akzente zum Nizänum gesetzt werden:

Gebetswoche für die Einheit der Christen (Januar oder Pfingsten)                                                                       Gemeinsames Osterfest mit orthodoxen Kirchen
Gedenken an das 1. Konzil in Nizäa (20. Mai bis 25. Juli)
Fest mit dem Bekenntnis am 19. Juni (s.u.)
6. Weltkonferenz für Glauben und Kirchenverfassung (28. August bis 3. September)
Reformationstag
Buss- und Bettag

2. Rückkehr zum ursprünglichen Wortlaut des Nizänums

Im Lauf der Jahrhunderte hat das Nizänum in verschiedenen kulturellen Räumen unterschiedliche Ergänzungen erhalten. Wenn es wieder zur vollen Gemeinsamkeit in der Formulierung der Glaubensgrundlage der Christenheit kommen soll, ist es unabdingbar, zum ursprünglichen Wortlaut des Bekenntnisses zurückzukehren und eine einheitliche Übersetzung zu schaffen. Das beinhaltet im deutschsprachigen Kulturbereich vor allem folgende Korrekturen:

– „Wir glauben“ statt „ich glaube“.
– Die Rückkehr zum Wortlaut „katholisch“ beim 3. Kennzeichen der Kirche.
– Die Rücknahme des später eingefügten Filioque („und dem Sohn“) im Dritten Glaubensartikel sollte vor allem im Gespräch mit der Orthodoxie bedacht werden.

3. Vertiefte liturgische Beheimatung des Nizänums

Da es sich in erster Linie um ein doxologisches Bekenntnis für Abendmahls- und Eucharistie-Gottesdienste handelt, ist es angemessen, es heute an erster Stelle in diesen Gottesdiensten wieder zu beheimaten, wie es in orthodoxen Kirchen seit jeher üblich war und ist. Eine alte oder neue gesungene Fassung des Bekenntnisses entspricht am besten seinem lobpreisenden  Charakter. Auf diese Weise wird ein ökumenisches Band zwischen katholischen, orthodoxen und reformatorischen Kirchen geflochten, das die drei  christlichen Haupttraditionen im Kern ihres Glaubens einander näher bringt. Zudem wird in allen drei  Glaubensartikeln die Dimension des Einsseins hervorgehoben, die zugleich Grundlage und Auftrag aller Kirchen ist.

4. Ein Fest mit dem Bekenntnis am 19. Juni 2025

Wie erwähnt, ist am 19. Juni 325 das erste gesamtchristliche Glaubensbekenntnis verabschiedet worden. Das ist der richtige Zeitpunkt, an dem nach 1700 Jahren möglichst alle Kirchen das Nizänum in seinem ursprünglichen Wortlaut gemeinsam miteinander feiern, sprechen und singen. Dazu ist ein ökumenisches Glaubensfest mit großer Beteiligung am besten geeignet.

III. Erneuerung auf dem Weg heute

1. Den Glauben bekennen

Das erste  gesamtchristliche Bekenntnis erinnert daran, dass trotz entstandener feindlicher Abgrenzungen gemeinsames Zeugnis von unserem Glauben in aller Vielfalt heute möglich ist aufgrund der „einen Taufe zur Vergebung der Sünden“. Die Gemeinschaft der in der Una Sancta vereinigten Getauften erwartet von den für Glaubensfragen zuständigen ökumenisch Verantwortlichen in der Deutschen Bischofkonferenz, dem Rat der EKD und der Bundes-ACK, dass sie bis zum Jahr 2025 einen gemeinsamen Wortlaut des Nizänums erarbeiten. Eine öffentliche Ausschreibung für eine gesungene Fassung des Nizänums in den Gemeinden sollte noch in diesem Jahr 2023 auf den Weg gebracht werden.

2. Gemeinsam handeln

Die Rückbesinnung auf die gemeinsamen Glaubensgrundlagen im Nizänum ermöglicht es, die bereits in Gang befindlichen „konziliaren Prozesse“ stärker miteinander zu verzahnen: den Konziliaren Prozess für Gerechtigkeit, Frieden und Bewahrung der Schöpfung, den Synodalen Prozess in der römisch-katholischen Kirche auf regionaler, kontinentaler und weltweiter Ebene, die verschiedenen Gespräche zwischen den Konfessionen. Das Gespräch mit dem Judentum  sollte sich auf seine Weise  mit dem Nizänum befassen.  Mit einer wahrhaft katholischen Beratung – consultatio vere catholica –  sollten  die konfessionellen Vorbehalte gegenüber dem Wort „katholisch“ im Glaubensbekenntnis  überwunden werden  und spätestens im Jahr 2081 zu einer ersten  gesamtchristlichen „Enzyklika“ führen, die zu den  Herausforderungen unserer Welt ein einmütiges und hilfreiches Wort findet. Statt eine solche Perspektive auf den Sankt Nimmerleinstag zu verschieben, kommt es darauf an, im Jahr 2025 den ersten gemeinsamen Schritt miteinander zu gehen, damit weitere Konkretionen folgen können.

3. Gemeinschaft leben

Gemeinschaft zu leben beginnt auf der Gemeindeebene mit gegenseitigen Einladungen und gottesdienstlichen Besuchen, Gemeindepartnerschaften am Ort und kooperativen Gemeindestrukturen. Sie setzt sich fort auf Pilgerwegen zu Orten wie Taizé, Büchel in der Eifel oder Rom. Sie umfasst spirituelle, ökologische und politische Dimensionen. Die 11. Vollversammlung des Ökumenischen Rates der Kirchen hat in Karlsruhe Anfang September 2022 die in Koinonia verbundene Gemeinschaft der Verschiedenen zur Beteiligung an dem weltweiten „Pilgerweg der Gerechtigkeit, Versöhnung und Einheit“ eingeladen. Jetzt ist die Zeit, sich erneut zum dreieinigen Gott zu bekennen und in seinem Namen im kommenden Jahrzehnt sich auf einen gemeinsamen Pilgerweg der Versöhnung zwischen Kirchen zu begeben, damit sie neue Glaubwürdigkeit für ihr Zeugnis in der Welt gewinnen.

Für den Altenberger Ökumenischen Gesprächskreis:
Pfarrer Dr. Hans-Georg Link, Köln; Pfarrer Dr. Manfred Richter, Berlin; Pfarrer Dr. Rainer Stuhlmann, Köln; Professor Dr. Josef Wohlmuth, Bonn/Heideck

An dieser Stelle möchten wir Sie auch auf den Beitrag „Ein Glaube und eine eucharistische Gemeinschaft“ Erläuterungen zum Konzil und Bekenntnis von 325/381 und im Jahr 2025 hinweisen.